Beglaubigte Übersetzung
Unter einer beglaubigten Übersetzung wird in der Schweiz etwas anderes verstanden als in den Niederlanden, Deutschland und Österreich.[1].
Im Gegensatz zu den drei letztgenannten Ländern besteht in der Schweiz nämlich kein amtliches Prüfungsverfahren für qualifizierte Übersetzer, das sie dazu berechtigt, ihre Übersetzungen mit einem amtlich normierten Stempel[2] zu «beglaubigen», um so für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Übersetzung einzustehen und der Übersetzung erhöhte Glaubhaftigkeit zu verleihen. Hinzu kommt, dass Beglaubigungen in der Schweiz ausschliesslich von Notaren und bestimmten Ämtern (gegen Entgelt) vorgenommen werden können. Und dass durch eine Beglaubigung in der Schweiz typischerweise die Echtheit von Abschriften (d.h. von Kopien) oder Unterschriften bestätigt wird – und nie etwa die Richtigkeit einer Übersetzung. Folgerichtig wird in der Schweiz von «Originalbeglaubigungen» gesprochen. Allerdings bestehen in der Schweiz auf der Grundlage von Verordnungen[3] in einigen Kantonen Verzeichnisse, in welche von den Verwaltungs- und Gerichtsbehörden prioritär zu beauftragende Übersetzer – nach einer Prüfung ihrer fachlichen und persönlichen Eignung – eingetragen werden. Diese Verordnungen verpflichten die Übersetzer in der Regel auch zur richtigen Übersetzung und Wahrung des Amtsgeheimnisses. Aber die betreffenden Verordnungen beziehen sich nur auf das Auftragsverhältnis zwischen registrierten Übersetzern und Verwaltungs- oder Gerichtsbehörden und die Aufnahme im Verzeichnis ermächtigt nicht zur offiziellen Beglaubigung mittels normiertem Stempel. Entsprechend können Übersetzer ihre Übersetzungen nach schweizerischem Recht nicht (selbst) «beglaubigen». Zur Bestätigung der Richtigkeit ihrer Übersetzung verwenden Übersetzer in der Schweiz daher vielmehr sogenannte Bestätigungsvermerke, d.h. Klauseln, mit welchen sie am Ende einer Übersetzung deren Richtigkeit und Vollständigkeit bestätigen (siehe Bild unten). Weil Übersetzer nach schweizerischem Recht also nicht zur Beglaubigung (der Richtigkeit einer Übersetzung) zugelassen sind und beglaubigte Übersetzungen im Sinne des betreffenden Instituts der Niederlande, Deutschlands oder Österreichs nach Schweizer Recht nicht bestehen, stellt sich die Frage, in welcher Form in ausländischer Sprache abgefasste, ausländische Urkunden den schweizerischen Behörden beizubringen sind. Insoweit ist den betreffenden Quellen zumeist zu entnehmen, dass den Behörden zusätzlich zum Original der entsprechenden Urkunde (oder deren originalbeglaubigten Kopie) eine «offizielle» Übersetzung der Urkunde beizubringen ist. Unter einer «offiziellen» Übersetzung ist mit Hinblick auf die oben beschriebene schweizerische Rechtslage nichts anderes zu verstehen, als die mit einem Bestätigungsvermerk versehene Übersetzung eines nach kantonalem Recht akkreditierten Gerichtsübersetzers. |
Soweit den betreffenden Quellen zu entnehmen ist, es sei eine «beglaubigte» Übersetzung anzuliefern, wären in Theorie verschiedene Auslegungen möglich. Denkbar wäre erstens eine Übersetzung, die nach ausländischem Recht durch den ausländischen Übersetzer «beglaubigt» wurde. Zweitens wäre denkbar, dass eine «bestätigte» Übersetzung im Sinne des Schweizer Rechts gemeint ist und drittens wäre möglich, dass die originalbeglaubigte Kopie einer – allenfalls bestätigten – Übersetzung gemeint ist.
In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die Verwendung des Begriffs der «beglaubigten» Übersetzung in den einschlägigen amtlichen Quellen oder auf Webseiten von Übersetzungsagenturen in der Schweiz auf einem Missverständnis beruht.[4] Gemeint sind nämlich auch in diesen Fällen vielmehr «bestätigte» Übersetzungen – die allenfalls von einer zuständigen Stelle originalbeglaubigt werden, falls den Behörden nur die Kopie der Übersetzung beigebracht wird. Am Rande ist zu bemerken, dass Originalbeglaubigungen in der Schweiz teilweise schon für CHF 10 pro Seite erhältlich sind – und das regelmässig von Übersetzungsagenturen gemachte Angebot der (beauftragten) Originalbeglaubigung für CHF 60 insoweit eher ungünstig erscheint. Festzuhalten bleibt Folgendes: Müssen Sie einer schweizerischen Behörde eine im Ausland in einer anderen Sprache ausgestellte Urkunde beibringen, so müssen Sie dieser Behörde erstens entweder das Original oder die originalbeglaubigte Kopie dieser Urkunde zustellen. Zweitens müssen Sie der Behörde eine in der schweizerischen Amtssprache verfasste Übersetzung beibringen, wobei Sie das Original der Übersetzung oder dessen originalbeglaubigte Kopie verwenden können. Weil nach kantonalem Recht akkreditierte Gerichtsübersetzer ein Prüfungsverfahren durchlaufen haben und ihre Übersetzungen insoweit erhöhte Glaubhaftigkeit geniessen, empfiehlt es sich, Übersetzungen von ihnen verfassen (und bestätigen) zu lassen. Als akkreditierter Gerichtsdolmetscher und -übersetzer nehme ich Ihren Auftrag zur Anfertigung einer offiziellen bzw. «beglaubigten» (d.h. bestätigten) Übersetzung gerne an. Bei Bedarf stelle ich Ihnen gegen Verrechnung der oben genannten Kosten der notariellen Beglaubigung zusätzlich gern eine originalbeglaubigte Kopie des Originals meiner Übersetzung zu oder lasse die Echtheit meiner Unterschrift auf dem Bestätigungsvermerk notariell beglaubigen. [1] In den Niederlanden wird insoweit von «gewaarmerkte vertaling» gesprochen. [2] Vgl. die Abb. hier. [3] Vgl. bspw. für den Kanton Zürich Sprachdienstleistungsverordnung (SDV) (vom 19. Dezember 2018 / 7. Januar 2019 oder für den Kanton Zug Übersetzungsverordnung vom 12. November 2013. [4] S. bspw. hier.. |